Christa Goetsch: "Enge und Kinder – das passt nicht zusammen"

Initiative Schulcampus Lohsepark: Frau Goetsch, in Hamburg ist Wohnraum knapp. Der rot-grüne Senat will daher einen Teil des Grundstücks der weiterführenden Schule in der HafenCity verkaufen und mit Wohnung bebauen lassen. Halten Sie das für richtig?

Goetsch: Nein. Enge und Kinder – das passt nicht zusammen. Der schwarz-grüne Senat hatte geplant, dass auf dem Baufeld 77 eine Stadtteilschule entsteht mit großzügigem Gelände für Bewegung, Sport, für den Guten Ganztag, ein Bildungsort für Schülerinnen und Schüler und für den Stadtteil. Als 2011 die SPD anschließend allein regierte, beschloss der Senat, statt der Stadtteilschule ein Gymnasium zu bauen. Der Kompromiss im heutigen rot-grünen Senat war dann, dass eine Stadtteilschule und ein Gymnasium zum Schulcampus vereint werden.

Also müssen sich nun zwei Schulen den Platz teilen, der ursprünglich nur für eine einzige Schule vorgesehen war.

So ist es. Und nun will der Senat ein Drittel des Grundstücks für Wohnungsbau abteilen und verlegt dafür mal wieder den Schulhof aufs Dach. Das halte ich für falsch. Und zwar umso mehr, als der Schulcampus Lohsepark als Clusterschule eine ganz neue Schulform in Hamburg darstellt. Das sollte eine Chance sein! Dafür braucht man Platz, denn man darf nicht vergessen: Der Raum ist der dritte Pädagoge. Wenn man die weiterführende Schule auf kleinem Raum zusammendrängt, schafft man sich neue Probleme. Und nicht nur im Schulbetrieb braucht man für den Unterricht, für die Pausen und den Sport angemessen große Flächen, sondern auch für die Nutzung durch die Quartiersbewohner. „Macht die Schule auf, lasst das Leben rein“, das ist das Denken seit dreißig Jahren. Ich verstehe deshalb sehr gut, dass der Stadtteil sich gegen den Verkauf eines Teils des Schulgeländes wehrt.

Die Initiative Schulcampus Lohsepark fordert auch, an den künftigen Planungen für die weiterführende Schule beteiligt zu werden.

Das ist nicht nur beim Schulcampus Lohsepark, sondern ganz grundsätzlich sinnvoll und klug. Heutzutage sitzen ja Schulbehörde, Behörde für Stadtentwicklung und Wohnen und Schulbau Hamburg zusammen am Tisch und überlegen gemeinsam, welche Vorgaben sie den Architekten machen. Sozial-und Kulturbehörde sollten meines Erachtens ebenfalls einbezogen werden. Wenn die Schule das Zentrum des Stadtteils werden soll, dann muss aber auch der Stadtteil in den Prozess einbezogen werden, wenn man dieses Zentrum plant. Sporthallen werden schon seit langem nach Schulschluss von Sportvereinen genutzt. Und inzwischen ist man zum Glück zu der Erkenntnis gekommen, dass kulturelle Bildung genauso wichtig ist wie Sport. Dafür muss es entsprechende Räume geben, die den Quartiersbewohnern ebenfalls zur Verfügung stehen. Ich persönlich habe positive Erfahrungen mit der Bürgerbeteiligung bei der Planung einer Grundschule gemacht.

Zu dem Quartierszentrum müssen unseres Erachtens auch Freizeitangebote für Jugendliche gehören, daran mangelt es nämlich in der HafenCity.

Ja, natürlich. Es muss Proberäume für Theatergruppen oder Bands geben, Jugendliche müssen die Möglichkeit haben, sich mit Freunden zu treffen oder auch nur mal zu chillen. Deshalb sollten nicht nur Behörden und Vereine, Eltern und Anwohner bei der Planung des Schulcampus Lohsepark am Tisch sitzen, sondern auch die künftigen Schülerinnen und Schüler selbst. Die haben oft tolle Ideen, auch für die Gestaltung der Freiflächen. Ich fände es befremdlich, wenn die Behörden dieses Potential nicht nutzen würden.