„Lassen Sie Luft zum Leben!“

„Schule muss zukunftsfähig sein“, „Setzen Sie auf das Nicht-Planbare“, „Kinder brauchen Raum, der Schulhof auf dem Dach ist keine Lösung“, “„Lassen Sie Luft für das Leben in der HafenCity“ – die Botschaft an die Politiker war eindeutig: Das Baufeld 77 soll für den Schulcampus Lohsepark reserviert bleiben; das Grundstück soll nicht geteilt werden, damit hier eine gute Schule entstehen kann.

Rund 60 heutige und künftige Bewohner der HafenCity und Nachbarn aus den umliegenden Quartieren waren am 3. September in den Gemeinschaftsraum von Dock 71 gekommen, um mit Abgeordneten der Hamburgischen Bürgerschaft über die Planungen für die weiterführende Schule zu diskutieren. Alle Fraktionen waren der Einladung der Initiative Schulcampus Lohsepark gefolgt, mit den Bürgerinnen und Bürgern über die Schule, ihre Sorgen, ihre Wünsche, ihre Irritationen zu sprechen: Carola Veit (SPD), Stefanie von Berg (Grüne), Jörg Hamann (CDU), Sabine Boeddinghaus (Linke), Detlef Ehlebracht (AfD); nur die FDP saß in ihrer Fraktionssitzung fest.

Sabine Böddinghaus

Nicht nur Raum, sondern auch Zeit braucht eine gute Schule – deshalb schlug die Initiative Schulcampus Lohsepark zu Anfang der Veranstaltung den Abgeordneten vor: Erst soll die Schule geplant und gebaut werden, dann soll sie zu einem funktionierenden Alltag finden. Und erst dann soll entschieden werden, ob es tatsächlich noch Platz auf dem Grundstück für eine weitere Bebauung gibt und ob es überhaupt noch weiter bebaut werden soll. Denn vielleicht braucht die Schule in zehn, zwanzig Jahren ja noch weitere Flächen für neue Lehrinhalte oder Lernformen? Bis zu dieser Entscheidung könne das Baufeld als ein lebendiger Ort für das Quartier genutzt werden, ergänzten Stimmen aus dem Publikum, denn in der hoch verdichteten HafenCity fehlten Angebote für Jugendliche. Diese Argumentation konnte die Schulexpertin Sabine Boeddinghaus (Linke) verstehen: „Vielleicht sind unter diesen Umständen außerschulische Lern- und Lebensorte sinnvoll?“

Carola Veit

Dass der Platz neben dem Schulgebäude erstmal nicht bebaut wird, war für Carola Veit (SPD) hingegen keine Option: „Es geht nicht, dass diese Fläche leer bleibt, außerdem braucht Hamburg vor allem Wohnraum.“ Jörg Hamann von der CDU erwiderte, dass es im Elbtower sehr viel Platz fürs Wohnen gegeben hätte, der rot-grüne Senat sich aber für Büros entschieden hätte. Die Grünen-Abgeordnete Stefanie von Berg äußerte Verständnis für das Anliegen der Bürger, wies aber auf die Zwänge der Realpolitik hin; wäre sie frei in ihrer Entscheidung, würde sie sich den Forderungen der Initiative Schulcampus Lohsepark anschließen. Der AfD-Politiker Detlef Ehlebracht verglich die Erfahrungen der Initiative Schulcampus Lohsepark mit der lückenhaften Beteiligung der Zivilgesellschaft während des Planungsprozesses mit der „Bürgerbeteiligungssimulation“ zur Neuen Mitte Altona.

Auch die Integration des denk.mal Hannoverscher Bahnhof in die Planung der Schule kam zur Sprache. Moritz Terfloth, der an dem Abend die Stiftung Auschwitz und den Landesverein der Sinti in Hamburg vertrat, forderte, die Gedenkstätte dürfe „nicht zwischen Wohnungsbau und Eisenbahn verschwinden“. Im Gegenteil: „Sie muss eine konkrete inhaltliche und räumliche Verbindung zur Schule haben.“ Dies wurde von Oliver von Wrochem von der KZ-Gedenkstätte Neuengamme unterstützt: Die Notwendigkeit dieser Verbindung sei in dem 11-jährigen Planungsprozess immer klar gewesen. Zudem sei die Sichtbarkeit des denk.mal Hannoverscher Bahnhof „ungeheuer wichtig".

Und dann schlug Stefanie von Berg vor, dass vor den Hochbau-Wettbewerb für den Schulcampus Lohsepark eine weitere Phase Null geschaltet wird – wie dies üblich sei, wenn es einen Neubau für eine bestehende Schule und Schulgemeinschaft gebe. An dieser Phase Null sollte auch die Initiative Schulcampus Lohsepark teilhaben. Carola Veit griff die Idee der Grünen-Abgeordneten auf und versprach, sich für diese Partizipation einzusetzen.

Es war eine spannende, manchmal emotionale Diskussion. Mit dem Ende der Veranstaltung war sie aber nicht zu Ende, es wurde auf der Straße in kleinen Gruppen noch lange geredet.

Und eins ist sowieso klar: Wir machen weiter!