Halbe Wahrheiten

Werden bei der Planung zum Schulcampus Lohsepark die Bürger eigentlich ernst genommen? Werden also die Hamburger Bürger von den Behörden korrekt informiert?

In der Broschüre „Gebäude in der HafenCity 10/2017“, herausgegeben von der HafenCity Hamburg GmbH, ist auch das Grundstück der Schule eingezeichnet: Baufeld 77, mit „31.000 BGF“ und dem Hinweis „ggf. Wohnen“ (siehe Foto). Wieso eigentlich 31.000 Bruttogeschossfläche (BGF), wo die Schule doch nur rund die Hälfte davon benötigt? Wurde schon vor Beginn des Städtebaulichen Gutachterverfahrens festgelegt, welche BGF für das Wohnen bei dem Wettbewerb rauskommen soll?

Broschüre Gebäude in der Hafencity

Auszug Broschüre Gebäude in der Hafencity

Am 27. März 2018 war dann die Jurysitzung für das Städtbauliche Gutachterverfahren, und um 17 Uhr stand der Sieger fest – der Entwurf von Haas Cook Zemmrich STUDIO2050. Er sieht einen Wohnblock vor, der mehr BGF-Fläche hat als die Schule.

Am selben Abend gab es im Kesselhaus eine der regelmäßigen Informationsveranstaltungen der HafenCity Hamburg GmbH. Deren Geschäftsführer Jürgen Bruns-Berentelg kam gerade von eben jener Jurysitzung zum Schulcampus Lohsepark und präsentierte den Zuhörern die künftige Entwicklung in der HafenCity. Er zeigte auch einen Plan des Baufelds 77 (siehe Präsentation), also dem künftigen Schulcampus Lohsepark. Aber: Dort fehlte plötzlich der Hinweis, dass hier auch Wohnen geplant ist. So gaukelte das Bild an diesem Abend den Zuhörern im Kesselhaus vor, das ganze Grundstück werde der Schule zur Verfügung stehen, obwohl zwei Stunden zuvor etwas ganz anderes beschlossen worden war. Die Wahrheit, die ganze Wahrheit, nichts als die Wahrheit?

Präsentation Hafencity GmbH Kesselhaus

Screenshot Präsentation Informationsveranstaltung im Kesselhaus

Und dann haben wir auf der Website der HCH den Flächenentwicklungsplan der HafenCity gefunden, Stand Juni 2018. Und was ist dort zu sehen? Der Siegerentwurf von Haas Cook Zemmrich STUDIO2050. Man sieht die Auskragungen an der Versmannstraße, die mal Schulhof werden sollen, man sieht entlang des Parks den schneckenartigen Wohnungsbau, der die Schule an den Grundstücksrand drängt. Und wenn man genau hinschaut, entdeckt man einen kleinen Schlitz zwischen den Blöcken – ja, das ist der ebenerdige Schulhof. Das Grundstück hat die HCH schon in 77a und 77b aufgeteilt. Der Bebauungsplan HafenCity 10 muss dafür zwar noch geändert werden, öffentlich ausliegen, und die Bürgerschaft muss ihn genehmigen. Aber das scheint aus Perspektive der HCH wohl nur eine Formalie zu sein.

Und hier gibt es das nächste Ärgernis: Die Schulbau Hamburg (SBH), die zur Finanzbehörde gehört und das Städtebauliche Gutachterverfahren formal ausgeschrieben hat, hat uns nämlich verweigert, den Siegerentwurf (sowie alle anderen Unterlagen und Entwürfe aus dem Wettbewerb) auf das Hamburger Transparenzportal zu stellen. Der Siegerentwurf sei vertraulich, er werde noch überarbeitet, und es sei wettbewerbsverzerrend für das nachfolgende Hochbauverfahren, ihn zu veröffentlichen. Jetzt warten wir auf die Antwort auf unsere Frage, warum es den Wettbewerb verzerrt, wenn der Entwurf auf dem Transparenzportal steht oder wir ihn zeigen, es ihn aber nicht verzerrt, wenn die HCH ihn veröffentlicht.

Mit den Ärgernissen ist es aber noch nicht zu Ende. Die Rechtsabteilung der SBH hat uns darauf hingewiesen, dass das Städtebauliche Gutachterverfahren nach der sogenannten „Richtlinie für Planungswettbewerbe“ (RPW 2015) verlaufe. Nicht hingewiesen hat sie uns darauf, dass laut §8 RPW nach Versendung des abgestimmten Protokolls der Jurysitzung die Unterlagen und Entwürfe aus dem Verfahren umgehend veröffentlicht werden müssen. Die Unterlagen müssen außerdem mindestens eine Woche lang öffentlich ausliegen, auch außerhalb der normalen Öffnungszeiten. Verschickt wurde das abgestimmte Protokoll am 27. April 2018, ausgelegt wurde aber nichts.

Wir warten jetzt auf eine Antwort, für welchen Termin denn die Auslegung geplant ist. Oder wird die SBH wohl wieder einen Grund herbeizaubern, den Hamburgern die Alternativentwürfe für das Schulgrundstück vorzuenthalten?