Öffentliche Auslegung startet – trotz Corona-Pandemie
In Hamburg herrscht, wie in ganz Deutschland, Ausnahmezustand wegen der Corona-Pandemie. Außer bei der Behörde für Stadtentwicklung, dort ist alles wie immer. Und während es Ausgangsbeschränkungen, Schul- und Kita-Schließungen gibt, Geschäfts- und Gastronomieschließungen und praktisch das gesamte öffentliche Leben ausgesetzt ist – da legt die Behörde für Stadtentwicklung den Bebauungsplan-Entwurf HafenCity 10 für einen Monat öffentlich aus, vom 24. März bis 24. April. Die Initiative Schulcampus Lohsepark hat die Senatorin Dorothee Stapelfeldt aufgefordert, die Auslegung entweder zu stoppen oder aber bis zum Ende der Pandemie zu verlängern.
Es sollen nämlich nach Behördenwillen die BürgerInnen in die Stadtentwicklungsbehörde fahren, um dort die physischen Unterlagen alle nacheinander einzusehen. Ansteckungsrisiko? Offenbar egal. Auch beispielsweise älteren Mitmenschen, also Hochrisikogruppen, die keinen Internetanschluss haben und sich die Unterlagen nicht digital anschauen können, wird zugemutet, dass sie eine Corona-Infektion riskieren. Und dass sie die Aufforderung der Bundeskanzlerin in den Wind schlagen, zuhause zu bleiben. Dies verstößt gegen das Gebot, dass BürgerInnen in diesem Verfahren Gehör finden müssen.
Alle Unterlagen zum Bebauungsplan-Entwurf HafenCity 10 gibt es hier: https://bauleitplanung.hamburg.de/verfahren/2d71eb81-5780-11e9-92f4-00505697774f/public/detail#procedureDetailsDocumentlist
Hier ist der Brief, den die Initiative Schulcampus Lohsepark an die Senatorin geschrieben hat:
Sehr geehrte Frau Senatorin,
mit dem heutigen Tag beginnt in Ihrer Behörde die einen Monat dauernde öffentliche Auslegung des Bebauungsplan-Entwurfs HafenCity 10.
Wir als Initiative Schulcampus Lohsepark sind sehr irritiert über diese Maßnahme. Der Erste Bürgermeister – und auch die Bundeskanzlerin – haben die BürgerInnen aufgefordert, aufgrund der Corona-Pandemie zuhause zu bleiben. Die Schulen und Kitas wurden geschlossen, die Geschäfte, mit wenigen Ausnahmen, mussten auf Anordnung der Behörden schließen, Menschen dürfen sich nur noch zu zweit durch die Stadt bewegen. Aber der Bebauungsplan-Entwurf HafenCity 10 wird öffentlich ausgelegt mit den üblichen Fristen, als gäbe es keine Pandemie.
„Der Öffentlichkeit ist Gelegenheit zur Äußerung und Erörterung zu geben“, heißt es in §3 des Baugesetzbuchs. Doch gegen dieses Gebot, dass BürgerInnen ein Recht darauf haben, Gehör zu finden, verstößt die öffentliche Auslegung in der Zeit der Corona-Pandemie. Denn wer sich aufmacht in Ihre Behörde, um die Unterlagen einzusehen, hält sich nicht an die dringende Bitte, zum Schutz der eigenen und der Gesundheit aller zuhause zu bleiben. Das kann doch nicht das Ziel Ihrer Behörde sein?
Ebensowenig dürfen Sie erwarten und voraussetzen, dass alle BürgerInnen – darunter auch jene älteren, besonders durch das Corona-Virus gefährdeten Menschen – über einen Internetanschluss verfügen und sich die Unterlagen des Bebauungsplan-Entwurfs HafenCity 10 digital anschauen können. Diese haben unter Umständen nicht mal die Möglichkeit, sich aktiv darüber zu informieren, dass die öffentliche Auslegung überhaupt begonnen hat!
Das Baugesetzbuch sieht explizit vor, dass bei Vorliegen eines wichtigen Grundes die Auslegungsfrist verlängert werden kann. Wenn etwas ein wichtiger Grund ist, dann doch wohl die schlimmste Krise in Deutschland seit 70 Jahren.
Wir fordern Sie daher auf: Stoppen Sie umgehend die öffentliche Auslegung des Bebauungsplans HafenCity 10 oder verlängern Sie die Auslegungsfrist, bis alle behördlichen Maßnahmen zur Eindämmung der Corona-Pandemie beendet sind.